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Anfänge

Autorenbild: Fabian KremserFabian Kremser

Wo fing alles an? Heute Nachmittag wurde mir auf einmal etwas bewusst, dass ich irgendwie noch immer nicht ganz ergreifen kann: derzeit geht meine 21. Triathlonsaison zu Ende. Das heisst, dass ich seit über 20 Jahren in einem Sport aktiv bin, in dem die durchschnittliche Karriere etwa 5 Jahre andauert.

Triathleten sind seltsame Menschen, das unterschreibe ich sofort. Und mit "seltsam" meine ich in dem Fall nicht, dass sie ihr Leben der Disziplin und dem Training widmen. Das tun tatsächlich eher wenige, zumindest nicht auf Dauer. Viele nutzen den Sport, um eine Leere in ihrem Leben zu füllen und wenn diese nicht mehr vorhanden ist, ziehen sie weiter.


Versteht mich nicht falsch: das ist eine wunderbare Sache! Ich mag mich an eine Unterhaltung erinnern, in der scherzhaft folgender Kommentar fiel:


"Der Durchschnittliche Triathlet ist 5 Jahre aktiv. Dann ist er entweder verheizt, verletzt oder vergeben. Oder alle drei."


Nun könnte man das zynisch übersetzen mit: Alle Triathleten (ich beziehe da auch die weiblichen mit ein) sind einsam, trainieren falsch und zu viel und wissen nicht, wie man sich bewegt. Könnte man, und vielleicht war das damals auch so gemeint. Unterdessen lese ich da allerdings etwas anderes heraus. Wie wäre es zum Beispiel mit: Triathlon öffnet Grenzen, ermöglicht es uns, über uns hinaus zu wachsen, wenn auch manchmal zu ziemlich hohen Preisen, und verbindet Menschen?


Denn ganz ehrlich: das ist es, was für mich diesen Sport so prägend macht. Dass er Energie gibt, stützt, begleitet und zu Dingen inspiriert, die nur schwer greifbar sind.


Zu mir kam der Sport in einem Moment, in dem ich nicht damit gerechnet hatte. Ich war damals gerade 15 Jahre als geworden. Es war der Januar 2001. Seit ein paar Tagen hatten sich mein Freund Emanuel und ich uns angewöhnt, zwei- bis dreimal pro Woche ins Schwimmbad in Aadorf zu gehen und dort 10 Längen im 25m-Becken zu schwimmen.


Dazu war es gekommen, als wir um Mitternacht des 31. Dezembers, also zum Jahreswechsel, eine Präpubertäre, alkoholgeschwängerte Eingebung hatten. Wir standen ziemlich betrunken im Schnee, hatten beide eine Zigarette in der Hand. Und ja, wir waren beide viel zu jung sowohl für das eine als auch für das andere. Wir starrten zum Himmel und irgendwann sprach Emanuel das aus, was ich irgendwie auch dachte: was für Idioten wir doch waren.


Ab da war Schluss mit Zigaretten und zwei Tage später fanden wir uns das erste Mal in besagtem Hallenbad ein. Für mich ein wegweisender Moment. Ab da schwammen wir regelmässig und gingen auch ab und an Joggen. Und irgendwann, vielleicht eine oder zwei Wochen nach meinem 15. Geburtstag, sah ich das erste Mal jemanden mit einer Jacke im Schwimmbad herumlaufen, auf der gross "Triathlonteam Aadorf" stand. In dem Moment war es um mich geschehen.


Ich hatte zugegeben keine Ahnung, was Triathlon wirklich war. Ich wusste, dass es aus Schwimmen, Rad fahren und Laufen bestand und hatte eine Idee, dass es mir Spass machen könnte. Vor allem aber klang das Wort gross, verwegen, abenteuerlich. Es klang nach etwas, das man sich erarbeiten musste. Und das mit dem "Team"... das klang nach Zugehörigkeit. Auch wieder so etwas, das ich mir sehnlichst wünschte.


Ab da gab es für mich kein Zurück mehr. Und als ich einige Zeit später endlich selbst meine blaue Trainerjacke hatte, auf der gross und in weiss "Tricademy Team Aadorf" stand, da war es ein "Nach-Hause-Kommen" der besonderen Art. Ich brauchte nur etwa drei Monate, bis ich das erste Mal von dem Phänomen "Ironman" hörte und beschloss, dass ich 2004, also sobald ich das Mindestalter erreicht hätte, in Zürich an diesem Rennen teilnehmen würde.


Diese ersten Jahre in diesem Team werden immer etwas sein, das mich begleitet. Ich werde nie vergessen, wie es sich angefühlt hat, diese blaue Jacke zu tragen. Wie sich darum herum ein ganzer Lifestyle aufbaute, der mir irgendwie einfach zustiess.

Wenn meine Schulkameraden Sonntags ihre Räusche ausschliefen, stand ich um 8 Uhr auf, rasierte mir die Beine und ging dann zu Fuss erst zum Bäcker, wo es scheusslichen Automatenkaffee und frische Croissants gab. Danach ging es zum Hallenbad, das um 10 öffnete und wo ich eine bis zwei Stunden schwamm. Es war mein Sonntag, meine Welt. Und obwohl ich mehr oder weniger immer alleine in dieser Welt war, war es eine der besten Zeiten, an die ich mich erinnern kann.


Alleine bin ich irgendwie noch immer. Zwar habe ich Menschen um mich, die ich mag und von denen ich auch ausgehe, dass sie die Zuneigung erwidern, doch in meiner kleinen Welt rund um den Sport... da gibt es immer noch nur mich. Bisher hat es noch niemand geschafft, dort nachhaltig mit hinein zu kommen. Ob das jemals anders sein wird, weiss ich nicht. Meine Welt ist mir heilig und es muss viel geschehen, bis ich dort jemanden reinlasse.


Ich hoffe, dass das nicht verbittert klingt. Ist es nämlich nicht. Im Gegenteil! Ich schätze mich glücklich, dass ich in meinem Leben seit über 20 Jahren etwas habe, das mich so dermassen erfüllt, erfreut und antreibt wie den Sport. Ich denke, das ist nicht allen vergönnt. Ich bin dankbar dafür.


Herzlich,


Fabian


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