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Feuerberge

Autorenbild: Fabian KremserFabian Kremser

Zweit Tage ist meine neue Saison nun alt und wie üblich ist das der Moment, in dem ich ein erstes Mal ein wenig zögerlich werde in Anbetracht des Ganzen. Schlicht, weil ich nicht dort bin, wo ich gerne wäre.

An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass das weder eine Ausnahme noch etwas Negatives ist. Es IST schlicht. In jedem Training finde ich Dinge, die besser sein könnten, anders, flüssiger, leichter, effizienter... in jedem. Und persönlich denke ich, dass es exakt diese Denkweise ist, die mich so weit gebracht hat, wie ich gekommen bin. "Never settle for OKAY" - gib' dich nie mit "okay" zufrieden. Ich konnte noch nie verstehen, wie sich Athletinnen und Athleten selbst etwas vormachen, indem sie sich mit Dingen zufrieden geben, die sie kaum einen Schritt weiter, sondern höchstens seitwärts bringen. Doch das ist ein anderes Thema.


Was in solchen Momenten ab und an nicht ganz leicht beizukommen ist, ist Motivation. Über Motivation an sich habe ich bereits geschrieben, das möchte ich hier nicht nochmals im Detail wiederholen. In der Essenz des Ganzen jedoch vereinfacht ausgedrückt: Motivation taugt nichts, da sie weder beständig noch zuverlässig ist. Was diese Punkte jedoch erfüllt, zumindest für mich, ist ein klares "Warum".


Warum tut man das alles? Den Teppich am Ende der Strecke? Eine neue Bestzeit? Das Gefühl erlebter Gegenwart?


Ja, all das sind Dinge, die dazu beitragen, dass ich diesen Sport so sehr liebe. Doch mein eigentliches "Warum" ist mehr ein Gefühl von Identität, wenn man so will. Es ist nicht ganz einfach zu beschreiben, doch am ehesten kann ich es mit den Emotionen versuchen, die ich bei einem Training auf der Kanareninsel Lanzarote fühlen durfte. Es war gegen Ende eines langen, intensiven, heissen Trainings mit viel Sonne, viel Wind und viel Anstrengung.



Kennt ihr Lanzarote?


Diese Insel. Sie ist karg, zumindest an den meisten Orten. Eine wilde, unberührte Wüste aus Lava. Sie ist ausserdem auch jung, es ist gerade einmal einhundertfünfzig Jahre her, seit der letzte Vulkan dort ausbrach. Aus geologischer Sicht war das gestern...


Die ganze Insel ist jung, wild und ungezähmt. Vielleicht, nur vielleicht ist das der Grund weshalb ich mich ihr so verbunden fühle.


Und dann gibt es dort diesen ganz besonderen Ort. Man nennt ihn den Timanfaya Nationalpark. Es ist hier, wo die letzten Eruptionen geschahen und die riesigen, hohen Vulkane stehen noch immer da. Ungeheuer, Monumente, die von der ungebändigten und unbezwungenen Energie und Gewalt der Natur berichten. Die Hänge der Feuerberge sind aus Asche, schwarz, grau und rot, ein einfaches, doch deutliches Testament der unbegreiflichen, in der Tiefe schlummernden Energie.


Es ist unversöhnliches Terrain, ein Ort von hoher Konsequenz. Es ist eine Energie welche in der Lage ist, Fels und Gestein hoch in die Luft zu schleudern. Und wo sie einst auf den Boden niedergingen, sieht man noch heute, wo sie Wellen schlugen, nicht aus Wasser, sondern aus Stein.


Doch von diesen Wellen fliesst Leben! Denn diese ewig schlummernde Energie, sie ist noch immer dort und an manchen Stellen kann man sie erkennen. Die unerschütterlichsten, knorrigsten Bäume brechen sich ihren Weg durch die Oberfläche der Lava, widerstehen dem Stein und der Dürre. Und wenn der Regen kommt spriesst das grünste Gras zwischen den Felsen. Unter der erkalteten, einst glühend roten Lava gibt es neben Starrem Tod auch Leben. Leben, von dem man fühlen kann wie es pulsiert, während es seine reine, unverdorbene Energie dem Wind übergibt, der unermüdlich über die scheinbar karge Wüste bläst.


Stellt euch vor, durch solch eine Szenerie zu fahren. Stellt euch vor wie es sich anfühlt, wenn eure Lungen brennen, eure Beine schmerzen. Wie ihr jedoch im gleichen Moment diese pure, fröhliche und spielerische Energie spürt, die aus dem Boden in jede eurer Zellen sickert und euch auf eine Weise beflügelt, wie es weder Nahrung noch Wasser kann.


Das. Das ist es, weshalb ich meinen Sport so liebe. Und auch diese Insel... Für andere mag sie ein toter Ort sein, an dem man nichts weiter tun kann als trainieren. Für mich ist sie eine Quelle der Energie, wie es sie nur selten auf dieser Welt gibt.


Die Erinnerung an diese Momente hilft mir dabei, mich wieder zu besinnen, warum ich das alles mache. Und warum es jede Mühe wert ist. Täglich.


Herzlich,

Fabian


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