Kaum ein Thema wird derzeit so viel und so hitzig diskutiert wie jenes der Impfung. Ist es da wirklich nötig, dass auch ich noch meinen Senf dazu gebe?
Eigentlich ja nicht, oder? Andererseits beschäftigt mich das alles ja auch, also kann ich es gleich hinter mich bringen. Dazu muss ich erst einmal für all jene, die mich nicht kennen, ein paar Dinge vorweg nehmen: Ich arbeite zwar in den Bereichen Sport, Gesundheit und Prävention, bin jedoch kein Arzt und schon gar kein Virologe. Das heisst: ich bin weder qualifiziert noch berechtigt, in dieser ganzen, leiden Geschichte einen Rat zu geben. Das musste ich schon mehrfach betonen, denn ich wurde schon das eine oder andere Mal gefragt.
Dann ist es so, dass ich mich leider zu einer Risikogruppe zählen darf, was die schweren Verläufe von Covid-19 angeht: ich bin seit meiner Kindheit akuter Asthmatiker. Und wenn ich da an Nächte zurückdenke, in denen ich mit einem stationären Inhalator im Dunkel meines Zimmers sitzend im Bett verbracht habe als Resultat einer gewöhnlichen Erkältung, dann kann ich ganz ehrlich zugeben: ich habe einen gesunden Respekt vor diesem Virus und möchte es nicht bekommen, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.
Nun... lässt es sich vermeiden? Wenn man den Menschen, die sich mit Viren befassen und - so weit das in dem Fall möglich ist, auskennen - zuhört, kann man zu dem Schluss kommen, dass ein Kontakt mit diesem Ding kaum zu vermeiden ist. Es sei denn, man isoliert sich komplett, schottet sich von der ganzen Welt ab und isst nur noch Dinge, die steril verpackt und im Schutzanzug an die eigene Haustür geliefert wurden. Und selbst dann besteht ein Restrisiko.
Also kann ich mich mehr oder weniger darauf einstellen, dass auch ich früher oder später einen kleinen Tanz mit Corona haben werde, sofern das nicht schon geschehen ist. Denn ausschliessen kann es heute niemand mehr. Und das ist meiner Meinung nach eines der grossen Probleme mit dem Ding: es kann einen erwischen wie ein müder Schnupfen, selbst dann, wenn man zu einer Risikogruppe gehört. Und es kann einen das Leben kosten, selbst wenn man objektiv und nach allen Massstäben kerngesund und jung ist. Und es geht noch weiter: Die Chance, dass es Beispiel Nr. 1 wird, ist exponentiell grösser als die, tatsächlich schwer zu erkranken, auf der Intensivstation zu landen und, im schlimmsten Fall, daran zu sterben.
Wo lässt mich das?
Ich habe in meinem Umfeld einige Menschen, die entweder Medizin studiert haben, studieren, in biologischen Laboratorien arbeiten oder in sonst einer Form in den letzten beiden Jahren kaum etwas anderes getan haben, als exakt an diesem Virus zu forschen. Das sind Ärzte, Biologen, Virologen. Unabhängig voneinander haben sie mir gegenüber zusammengefasst folgendes verlauten lassen: Wir wissen nicht, was es ist, nicht, wie es sich verhält oder noch verhalten wird und wir wissen auch nicht, was da noch kommt. Wir ändern derzeit regelmässig unsere Meinung, weil wir täglich Neues lernen. Derzeit ist unser Standpunkt der, dass man sich am besten vor einem schweren Verlauf durch eine Impfung schützen kann. Man wird dadurch nicht zwingend absolut immun, doch die Chance, dass man es besser wegsteckt, ist vor allem in den Risikogruppen exponentiell grösser als ohne das Vakzin.
Nun denn.
Ich habe versucht, mich über diese neue Impfung so weit und fundiert zu informieren, wie es mir möglich war. Das führte mich persönlich an einen Punkt, an dem ich für mich sagen konnte: ich vertraue der Wissenschaft hier weit genug und überlege mir aus meiner Sicht ganz einfach, dass das Risiko einer schweren Nebenwirkung auf die Impfung deutlich kleiner ist als jenes eines schweren Verlaufes ohne sie. Also lasse ich mich impfen.
Das habe ich auch im vergangenen Frühling - und heute Morgen ein drittes Mal. Das folgende ist mir nun sehr, sehr, sehr wichtig:
Das war MEINE Entscheidung, weil ICH und aus MEINER SICHT entschieden habe, dass ich mich sicherer fühle, wenn ich mich impfen lasse. Weder glaube ich, dass ich mich jetzt wie ein immuner Trottel aufführen kann noch sollte, noch mache ich mir die Illusion, dass das Thema für mich damit erledigt ist und ich nun ab sofort keinerlei Vorsicht mehr walten lassen muss. Ich habe diese Entscheidung für mich persönlich getroffen.
Was das ganze andere Zeugs angeht, das derzeit überall irgendwie abläuft... lasst mich bitte aus dem Spiel. Es macht mich absolut fertig wenn ich mit ansehen muss, wie Freundschaften und Beziehungen in die Brüche gehen, weil sich jemand für oder gegen eine Impfung entscheidet. Da mache ich nicht mit! Ich habe in meinem Freundeskreis geimpfte Personen und solche, die sich nicht impfen lassen wollen. Allen von ihnen vertraue ich so weit, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Und ich weigere mich, auch nur einen einzigen Menschen anders zu behandeln, weil er von einem Thema, von dem wir alle keine Ahnung haben, eine andere Meinung hat als ich. Punkt.
Ich kann voll und ganz verstehen, dass die Emotionen teils sehr hoch kochen. Warum auch nicht? Wir sind alle müde und wollen, dass das alles vorbei ist. Doch meiner Meinung nach ist es keine Lösung, nur noch in "IHR" und "WIR" zu denken. Und wir brauchen das alles auch nicht dauernd wieder durchzukauen.
Meine Strategie, mit dem allem umzugehen, hat sich bisher ganz gut bewährt: Ich mache für mich das, was ICH für richtig halte. Für mich, für meine Gesundheit. Ab und an lasse ich ein wenig Dampf ab und bin gerne für solche da, die das ebenfalls nötig haben. Aber dann gehe ich wieder dazu über, die Zeit mit Menschen zu verbringen, die mir nahestehen. Ungeachtet dessen, was in ihrem Impfpass steht.
Wir haben alle Angst. Doch eines kann ich euch allen aus tiefster Überzeugung sagen: das Problem löst sich nicht, indem man jemandem - oder einer ganzen Gruppierung von Menschen - die Schuld daran gibt, nur, weil sie eine andere Meinung haben. Das geht in ALLE Richtungen.
Das ist nicht unser "Extinction Event". Wir haben in diesem Zusammenhang andere, vielversprechendere Eisen im Feuer. Doch es kann sein, dass das alles dazu führt, dass wir als Menschheit wachsen. Und warum auch nicht?
Ja, es trennen sich viele Paare derzeit. Da kann vorkommen, wenn man auf einmal dazu gezwungen ist, exponentiell mehr Zeit miteinander zu verbringen als das früher der Fall war. Da werden einige auf einmal merken, dass sie vielleicht doch nicht so sehr ein Herz und eine Seele waren, als sie das glaubten. Und natürlich tut das weh. Doch mal im Ernst: wenn zwei Menschen beschliessen, nicht mehr gemeinsam durchs Leben zu gehen, weil sie erkannt haben, dass sie doch nicht so kompatibel sind wie man es sich eingeredet hatte, dann gibt das auf einer absoluten Sub-Ebene auf einmal die Chance zu sehr viel Gutem.
Vielleicht wird man in Zukunft eher die unangenehmen, aber so unendlich wichtigen Gespräche führen, die in einer Beziehung einfach stattfinden müssten. Und vielleicht wird man eher merken: Oha, die Person da sieht zwar toll aus und wir verstehen uns gut, aber ihre Ansichten zu Religion und Bildungswesen sind dermassen inkompatibel mit meinen eigenen, dass wir keine Chance haben, uns einig zu werden. Sollten wir da wirklich in Kind in die Welt setzen?
Stattdessen werden sich Menschen finden, die exakt auf der gleichen Wellenlänge sind. Die sich zwar nicht in jedem einzelnen Aspekt des Lebens einig, die jedoch in der Lage sind, objektiv miteinander zu sprechen und zu diskutieren.
Und wer kann sich schon vorstellen, wozu wir alles wundervolles in der Lage wären, wenn wir nur dann auf die Teller der Anderen blicken würden um zu sehen, ob sie auch genug haben?
Ich hoffe weiter.
Herzlich,
Fabian
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