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AutorenbildFabian Kremser

Umgekehrte Prokrastination

"Prokrastination ist eine pathologische Störung, die durch ein unnötiges Vertagen des Beginns oder durch Unterbrechen von Aufgaben gekennzeichnet ist, sodass ein Fertigstellen nicht oder nur unter Druck zustande kommt."

So weit zumindest eine Definition von etwas, das viele Menschen wissentlich, unwissentlich oder instinktiv tun. Wie kommt es dazu? Sind wir uns einfach zu bequem, Dinge zu erledigen, die vielleicht etwas unangenehm sind? Würden wir unsere Zeit lieber anders verbringen? Zeit... schon wieder. Oder ist es ein Schutzmechanismus unseres Unterbewusstseins, eine Warnung, dass etwas nicht stimmt?


Ich habe darauf keine Antwort, ich weiss nur, dass ich teils ein wahrer Meister dieser Disziplin bin. Was aber ist umgekehrte Prokrastination?


Man könnte meinen dass das bedeutet, dass alles immer sofort und noch viel schneller und früher erledigt wird als notwendig, doch ist dem nicht so - der Begriff für dieses Verhalten hiesse nämlich PRÄkrastination.

Umgekehrte Prokrastination bedeutet, dass man Dinge herausschiebt und verzögert, die keine Aufgaben oder Pflichten von aussen sind, sondern Notwendigkeiten sich selbst gegenüber in dem vermeintlichen Versuch, die Kontrolle über die eigene Zeit wieder zu erlangen.


Ein Beispiel.


Wer hat sich schon mal dabei erwischt, Abends irgendwann zu Bett zu gehen mit dem festen Vorsatz, in der Nacht nun aber wirklich volle 8 Stunden zu schlafen, am nächsten Tag pünktlich aufzustehen und dann voller Elan wieder zu starten? Nur, um dann entweder am Fernseher hängen zu bleiben, am Telefon, am Laptop oder Tablet, sich mit irgendwelchen unnötigen Mist berieselnd? Oder sich dann eingeredet, einfach noch gewisse Dinge tun zu MÜSSEN, wie z.B. drei WhatsApp-Nachrichten zu schreiben, einen Post auf Instagram zu machen (der dann ganze 45 Minuten in Anspruch nahm) und noch auf Facebook sieben Beträge zu kommentieren?


Das ist ein Verhalten, das viele von sich beschreiben, jedoch nicht einordnen können, was es damit auf sich hat. Dabei ist es am Ende nichts anderes als dass der Alltag offenbar nicht genug Erfüllung bringt, als dass man Abends mit einem guten Gefühl abschalten, ins Bett gehen, einschlafen und dann von Neuem beginnen könnte. Stattdessen braucht man Abends "einfach noch etwas Zeit für sich" - und verbringt diese dann entweder damit, sich emotional völlig abzustumpfen durch den Konsum irgendwelcher TV-Serien, oder aber damit, sich das vermeintlich perfekte Leben anderer anzusehen und sich zu wünschen, das Eigene wäre anders...


Umgekehrte Prokrastination ist am Ende also nichts weiter als der verzweifelte Versuch, dem Tag noch ein Paar Stunden der Eigenkontrolle abzugewinnen.


Ich merke selbst, wie schnell ich in solche Muster verfalle und möchte daran etwas ändern. Macht jemand mit?


Herzlich,

Fabian


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